Inselgruppe Labelnight 20:00
Mo 18.12.2023
Kleiner Konzertsaal

INSELGRUPPE LABELNIGHT feat. ANGELA AUX + LÖWENZAHNHONIG
Einlass: 19:00
Beginn: 20:00
LÖWENZAHNHONIG
Im Musik-Universum gibt es ein Areal, wo Bandnamen auf ihre Musiker*innen warten. Der Name Löwenzahnhonig wartete lange und geduldig auf den 21.Dezember 2021. An dem Tag betrat Fai Baba das Studio von Long Tall Jefferson in Zürich, um zusammen Gitarre zu spielen. Zufälligerweise war auch Paul Märki, Ex-Bassist von Black Sea Dahu, zugegen, denn es ist zur Hälfte sein Studio. Fai Baba und Long Tall Jefferson begannen zu spielen, Paul begann zuzuhören und eine halbe Stunde später saß Paul an den Drums und die drei spielten einen Song, den sie davor noch nicht kannten: Winter Solstice. Spätestens an dieser Stelle musste den drei Musikern dämmern, dass sie im Bann eines mächtigen Bandnamens standen, der endlich seine Bestimmung erfüllte. Stattdessen reihte sich auf diese Weise Session an Session und Song an Song. Bis die Musiker einige Monate später feststellten, dass sie eine Band waren und es sich bei den aufgenommenen Songs um ein Album handelte. Wer auf den Namen kam, ist nicht rekonstruierbar. Bestimmt keiner der drei, denn es war ja anders herum: der Name kam auf die Band. Löwenzahnhonig, ein Bandname so umständlich wunderschön wie ein Frühsommer-Badetag in einem Moorsee, ein Spargel-Risotto mit Birnen-Minz-Chutney oder eine Stretching-Routine zum Sonnenaufgang. Die einzige Platte des Jahres 2023 die man zum Zwetschgen einkochen, zum Kinder-ins-Bett-bringen, zum Halb- Marathon genau so dringend hören sollte wie zum Fahrrad reparieren, dem sonntäglichen Familien-Frühstück oder einem mittleren Nervenzusammenbruch. Unklar bleibt, warum zwei der spannendsten Songwriter der Schweiz (Long Tall Jefferson & Fai Baba) auf zehn Songs kein einziges Wort singen. Aber das liegt an der Bestimmung des Namens Löwenzahnhonig. Er war reserviert für eine instrumentelle Indie-Platte mit Cool-Jazz-Vibes, auf der drei außerordentlich begabte Musiker mit genau so außerordentlicher Zurückhaltung die eine Sache ins Zentrum stellen, die sie am meisten verbindet: ihre Liebe zur Musik.

ANGELA AUX
Es ist ein seltenes Glück, auf ein Album zu stoßen, das weit herausragt aus dem Meer der wöchentlichen Veröffentlichungen. Das als Kunstwerk so schlüssig und selbstverständlich dasteht, als hätte es schon immer existiert. Das emotional sofort andockt, Song für Song für Song. INSTINCTIVE TRAVELS ON THE PATHS OF SPACE AND TIME ist eines dieser Ausnahmewerke: von erhabener Schönheit, unmittelbar relevant. Undeniable. Ein Klassiker? Vielleicht. Wird die Zukunft zeigen. Womit wir schon beim Thema wären. INSTINCTIVE TRAVELS ON THE PATHS OF SPACE AND TIME ist der musikalische Teil einer Trilogie, mit der sich Florian Kreier als Angela Aux an die Grenzen des Vorstellbaren wagt. „Nach dem Ende der Zeit“ heißt die zugehörige SciFi-Novel, „Introduction To The Future Self“ das transmediale und alles verbindende Theaterstück – uraufgeführt in den renommierten Münchner Kammerspielen vor einem Publikum, das diesen Abend wohl nicht vergessen wird. Denn die Fragen, die der Münchner Künstler und studierte Politologe in seiner Arbeit stellt, sind groß. So groß, dass sie ins Existenzielle reichen: Wie fühlt sich die Zukunft der Zivilisation an, wenn Künstliche Intelligenz den Lauf der Dinge lenkt? Wonach sehnt sich der Algorithmus? Wie erfährt sich Bewusstsein im virtuellen Raum, wenn die analoge Existenz obsolet geworden ist? Und schickt vielleicht die ewige Suche nach Sinn und Bedeutung auch Super-Intelligenzen in synthetischen Paralleluniversen in eine Abwärtsspirale, an deren Boden nichts als ein Nichts ist aus endloser Melancholie? Aber keine Sorge: Auch wenn es lohnend ist – man muss sich mit dem theoretischen Überbau dieses außergewöhnlichen Albums nicht befassen. Die zauberhaft wehmütigen Songs sickern mit ihren goldfarbenen Harmonien auch so durch die Risse und Löcher unserer harten Schale. Die erstaunliche Erkenntnis: INSTINCTIVE TRAVELS ON THE PATHS OF SPACE AND TIME wärmt, es tröstet sogar. Und wenn es ein Konzeptalbum ist, muss es als solches nicht gehört werden. Die Musik, mit der Angela Aux die Luft zum Schwingen bringt, hat eine entschieden emotionale Qualität. Und die macht sie, wie der Albumtitel bereits verspricht, intuitiv erfahrbar: Wer diese aus Raum und Zeit gefallenen Folksongs an sich heranlässt, dem kommen sie unglaublich nah.